CD und Musik-Neuerscheinung
»Und andere komplizierte Wörter«
VÖ: 03.12.2021
Label: Rosenau Records / Galileo
„Humor ist der Knopf, der verhindert, dass uns der Kragen platzt“. Dieser Satz von Joachim Ringelnatz hätte auch vom Nürnberger Gitarristen und Multiinstru-mentalisten Joschi Joachimsthaler stammen können. Ihm sitzt der Schalk in jeder Pore seines Nackens, wenn er erklärt, dass ihn Kleinigkeiten des Alltags oft ärgern und er sie in Eigenkompo-sitionen verarbeiten muss. Wie das dann klingt? Nachzuhören auf seinem launigen Instrumental-Erstlingswerk mit dem Titel „und andere komplizierte Wörter“.
Und kompliziert - vor allem für seine Freunde in Spanien, wo er ein Jahr lebte - ist nicht nur sein Nachname, sondern auch, ihn musikalisch in Worte zu fassen. Seine Bandbreite reicht von komplexer E-Gitarren-Rock-Rhythmik eines Panzerballetts über irrwitzig irrlichternden Fusion-Funk hin zu federndem Gypsy-Jazz mit klassischer Gitarre eingespielt, irgendwo zwischen Django Reinhardt und Paco De Lucia. Aber warum mühsam Schubladen bedienen, wenn es doch viel schöner ist, einfach der Musik abseitig des Altgehörten zu lauschen. Klar ist: Joachimsthalers Eigenkompositionen überraschen. Hier ist weder rhythmisch noch harmonisch etwas vorherzusehen, bzw. vorherzuhören, und so mancher wird bei dem ein oder anderen Song verzweifelt nach der richtigen, taktgebenden Zählzeit suchen. In guter alter Prince-Manier hat auch Joachimsthaler alle Instrumente seiner Songs selbst eingespielt, die Kompositionen und Aufnahmen entstanden während des Pandemie-Lockdowns im spanischen Alicante. „Ich bin eigentlich ein Bandtyp und hasse es alleine zu spielen. Der Vorteil: Man muss nicht so viel rumdiskutieren“, erklärt der 31-Jährige. Er nutzte die mehrmonatige Corona-Siesta in der Wohnung der verstorbenen „Schwieger-Oma“, um all das auf Band zu bringen, was ihn musikalisch ausmacht. Immer eben mit einem Augenzwinkern, sich selbst nicht zu ernst nehmend. „Wer sich selbst auf den Arm nimmt, erspart anderen die Arbeit“. Auch diese Heinz-Erhardt-Weisheit passt.
Doch meist verbirgt sich hinter der Fassade des Frohsinns Tiefgründiges. Für den jungen Joschi waren die Anfeindungen der kleingeistigen mittelfränkischen Dorfgemeinde – die Mutter stammt aus einer Sinti-Dynastie – weniger dramatisch. Auch damals schon witzte er vieles weg, war im besten Sinne Klassen-Clown. Schicksalsschläge wie die Trennung der Eltern und eine Reihe kurz aufeinanderfolgender Todesfälle in der Familie waren hingegen große Themen, erzählt der Musiker. Doch auch daraus zog er Positives. „Ich habe früh gelernt mit dem Tod umzugehen, musste schnell selbstständig werden. Mein Humor hat mir dabei sicher geholfen.“
Und natürlich die Musik. Es wurde viel gemeinsam musiziert in der Familie. Joschi begann mit Schlagzeugspielen, sehr zur Freude der Nachbarn im heimischen Mehrfamilienhaus, dann folgte die Gitarre. Von 2007 bis 2009 besuchte er die Berufsfachschule für Musik in Dinkelsbühl, nach dem erfolgreichen Abschluss machte er seine Liebe zur Musik zum Beruf. Seitdem arbeitet er als Studiomusiker u.a. für Native Instruments, steht und stand als gern gesehener Sideman in zahlreichen Bands wie z.B. bei Karin Rabhansl, Eric Martin (Mr. Big), Freedom Call oder Carlos Reisch mit auf der Bühne. So erklärt sich auch die Vielseitigkeit, die Joachimsthaler auf seinem Debütalbum zum Ausdruck bringt. Ein offener Geist, abseits engstirnigen Genredenkens!